6.3.2025

Kinder- und Jugendpolitik: die SAJV diskutiert mit Parlamentarier*innen

Am 5. März 2025 organisierte die SAJV eine weitere Sitzung unserer Interparlamentarischen Gruppe (PGKJ) 💼. Es trafen sich Parlamentarier*innen aus dem gesamten politischen Spektrum sowie Repräsentant*innen der Jugend.


Am 5. März organisierte die SAJV eine weitere Sitzung unserer Interparlamentarischen Gruppe (PGKJ) 💼. Auf dem Programm stand die Diskussion des Berichtes der SODK (Konferenz der Kantone für Sozialpolitik) 📊 über die kantonalen Unterschiede in der Kinder- und Jugendpolitik.

📍 Fehlende rechtliche Grundlagen in 1 von 3 Kantonen 
📍 Unterschiedlicher Zugang zu Leistungen 
📍 Weitgehend fehlende politische Partizipation

Nach einer Diskussion mit Mitgliedern des Parlaments aus dem gesamten politischen Spektrum 🤝 wurden einige Wege aus der „Postleitzahlenlotterie“ 📜 diskutiert:

🔹 Neuer bundesrechtlicher Rahmen mit Richtlienien für jeden Kanton. 
🔹 Grundlegende Überarbeitung der Verordnung über die Aufnahme von Pfegekindern, die momentan diskutiert wird. 
🔹 Neue Empfehlungen der SODK 📋.

Zusammenfassung

Am 05.03.2025 führte zunächst das Co-Präsidium, Christine Bulliard-Marbach und Fabien Fivaz, in die Thematik ein. Da in der Schweiz ein Grossteil der Kinder- und Jugendpolitik auf kantonaler Ebene betrieben wird, hat sich eine Art Postleitzahlenlotterie entwickelt. Der kürzlich erschienene Bericht der FHNW („Grundlagen und Perspektiven für eine wirkungsvolle kantonale Kinder- und Jugendpolitik “) legt diese Herausforderung dar und ist Gegenstand der Sitzung.  

Joanna Bärtschi, Fachbereichsleiterin Kinder und Jugend bei der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), begann ihren Beitrag mit einem aktuellen Rückblick auf die in diesem Bereich entwickelten Politiken. Der Bericht des Bundesrates von 2008 „Für eine schweizerische Kinder- und Jugendpolitik“ skizzierte eine Bundesstrategie, die 2011 zum neuen Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG) führte, das unter anderem in Art. 26 Finanzhilfen an die Kantone über einen auf acht Jahre begrenzten Zeitraum vorsah.  

Die SODK veröffentlichte 2016 eine Reihe von Empfehlungen zur Weiterentwicklung dieser Politik in den Kantonen und leitete während ihrer Plenarversammlung 2023 einen Reflexionsprozess ein, mit dem Ziel, konkrete Maßnahmen zu finden, um der mangelnden Harmonisierung zwischen den Kantonen zu begegnen. Die Empfehlungen von 2016 sollten überarbeitet werden und der Bericht der FHNW wurde zu diesem Zweck in Auftrag gegeben. Die KKJP (Fachkonferenz der SODK) plant nun, in einem partizipativen Prozess eine neue Vision für den Zeithorizont 2040 zu entwickeln. Diese Vision wird die zu erreichende Ziele beinhalten, aber auch die praktischen, finanziellen und gesetzlichen Mittel, die auf kantonaler Ebene bereitgestellt werden müssen.  

Anschliessend präsentierten Professor Emeritus Stefan Schnurr und Professorin Rahel Heeg von der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW die wichtigsten Ergebnisse des Berichts, den sie mit finanzieller Unterstützung des BSV und der SODK erstellt hatten. Im letzten Jahrzehnt haben viele Kantone ihre Kinder- und Jugendpolitik vertieft und ausgeweitet. Mittlerweile verfügen ca. 50 % der Kantone über eine Kinder- und Jugendstrategie und rund 80 % widmen diesem Thema ein (Unter-)Departement. Ein Drittel der Kantone verfügt jedoch noch immer nicht über eine gesetzliche Grundlage für diese Fragen, was zu grossen Unterschieden bei den bestehenden Programmen und den angebotenen Leistungen führt. Und selbst unter den Kantonen, die über neue Rechtstexte verfügen, gibt es grosse Unterschiede hinsichtlich des Investitionsgrades oder der bestehenden Fristen.

Während in diesem Bereich Fortschritte erzielt wurden, haben sich die Unterschiede zwischen den Kantonen jedoch vergrössert. Nach Ansicht der beiden Referent*innen besteht ein Bedarf an mehr Regulierung, um einen harmonisierten Zugang zu Leistungen zu gewährleisten. Diese Bemühungen sollten sich auf das Recht der Kinder auf Beteiligung an Kinderschutzverfahren, auf gesetzliche Normen, welche die Konsultation der Eltern ermöglichen, und auf einen besseren Zugang (Grundsatz der Transparenz und der Gleichheit) zu den Leistungen konzentrieren.  

Die Sitzung wurde mit einer reichhaltigen Diskussion fortgesetzt, in der es um diese Verbesserungsvorschläge ging, aber auch um die Rolle, die der Bund bei der Verbesserung der Situation spielen könnte. Einige Kompetenzen des Bundes wurden als mögliche Hebel genannt, wie etwa seine Familienpolitik, aber auch seine Pflicht, die UN-Kinderrechtskonvention umzusetzen.  

In einem weiteren Beitrag erinnerte Joanna Bärtschi von der SODK daran, dass die Ressourcen der SODK begrenzt seien, was aber nicht bedeute, dass ihre Empfehlungen wirkungslos blieben. Diese seien ein grosser Anreiz für die Kantone, ebensolche Regeln zu erlassen, trotz der vielen bereits erwähnten Schwierigkeiten.  

Schliesslich waren die zahlreichen Expert*innen und Vertreter*innen von Fachorganisationen sowie Parlamentarier*innen der Meinung, dass eine neue nationale Strategie für die Kinder- und Jugendpolitik entwickelt werden sollte, die sich insbesondere auf die Empfehlungen des UNO-Ausschusses für die Rechte des Kindes stützt. Sie betonten die Wichtigkeit eines kohärenten und gut koordinierten Vorgehens. Die Anwesenden zeigten sich auch besorgt über das Entlastungspaket 2027, welches Kürzungen von 10 % im KJFG vorsieht und gegen das die SAJV und 80+ andere Organisationen bereits ihre Ablehnung angekündigt haben.